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Arbeit und Fatigue: Strategien zur Alltagsbewältigung

Körperliche und mentale Fatigue können die Alltagsbewältigung beeinträchtigen. Wirkt sich Fatigue auch auf die Arbeitsleistung und -qualität aus oder ist Arbeiten gar kaum noch möglich ist, entstehen viele Fragen: Wie beeinflusst Fatigue die Arbeit? Ist es gefährlich? Was kann ich selbst tun? Muss ich mit meinem Arbeitgeber sprechen?

Wenn Fatigue im Arbeitsalltag zum Problem wird

Erschöpfung, die körperlich, emotional und auch mental schwer ausgeprägt ist und über Wochen hinweg durch Schlaf und Erholung nicht ausgeglichen werden kann, kann chronischer Fatigue die Ursache sein.
Fatigue kann sowohl als eigenständige Krankheit als chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS) auftreten oder als Begleiterscheinung von chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Rheumatoide Arthritis, Long Covid oder Krebs auftreten.
Sowohl die körperlichen als auch mentale Symptome können den Alltag und somit auch das Arbeiten erschweren. So beeinträchtigen die ständige Erschöpfung und Schwächegefühle die Fähigkeit, körperlich anspruchsvoller Arbeit nachzukommen. Konzentrationsstörungen, Antriebsschwäche und Müdigkeit können kognitiven Aufgaben im Wege stehen.
All das beeinflusst nicht nur wie viel und wie schnell Betroffene ihre Arbeit erledigen, sondern auch die Präzision und Richtigkeit. Je nach Berufsbild kann hierdurch die Sicherheit für alle Beteiligten beeinträchtigt werden. Setzt dadurch ein Gefühl der Überforderung ein, kann zusätzlich Stress ausgelöst werden, der eine Zunahme von Fatigue führen kann – ein Teufelskreis.

Zwar ist diese Situation ist für Betroffene häufig frustrierend und mitunter beängstigend, doch gibt es eine Vielzahl an Strategien und Unterstützungsangeboten im beruflichen Kontext, von denen Betroffene Gebrauch machen können.

Strategien im Arbeitsalltag

Viele der Prinzipien, die im Alltag helfen können mit einer Fatigue umzugehen, können ortsunabhängig angewendet werden und zur Alltagsgestaltung beitragen.

Vorausschauende Planung

Planung und Energiemanagement sind zentrale Prinzipien für den Umgang mit Fatigue. Ziel ist es, zu verstehen welche Aufgaben besonders wichtig und dringlich sind und zu welchem Tageszeitpunkt die größten Energiereserven zur Erledigung zur Verfügung stehen. Hast du zum Beispiel erkannt, dass du dich früh morgens am energetischsten fühlst, plane wichtige, anspruchsvolle Aufgaben für diese Zeit ein.

Aufgaben zusätzlich zu priorisieren, also nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu ordnen, kann Stress zu vermeiden, da weniger Zeit mit unwichtigeren Aufgaben zugebracht wird. Auch sollten Pausen eingeplant werden, um für Ruhe und Entspannung zu sorgen und Crashs vorzubeugen. Welche Arbeitsstruktur und Regenerationsstrategien am besten funktionieren, ist individuell. Es gilt also auszuprobieren, welche Maßnahmen am besten funktionieren - sei es ein Spaziergang, eine Tasse Tee, oder vielleicht ein kurzer Schlaf (Powernap).

Je nach Arbeitsumfeld und Rahmenbedingungen ist es bei Verhaltensänderungen am Arbeitsplatz (z.B. Vermehrte Pausen, weniger Arbeitsergebnisse) ratsam, das Gespräch mit dem Vorgesetzten und ggf. Kollegen zu suchen, um Frust und Vorurteilen vorzubeugen.

Arbeitsumfeld anpassen

Die Umgebung kann Fatigue beeinflussen. Dazu zählt das Arbeitsklima, Arbeitsbelastung, die Geräuschkulisse und Lichtverhältnisse. Welche Umgebung angenehm ist, ist individuell und kann variieren. Besteht die Möglichkeit in einem Einzelbüro zu arbeiten oder ist Home-Office eine Option? Auch können Hilfsmittel wie To-Do Listen oder Post-Its helfen, um trotz Konzentrationsschwierigkeiten nichts zu vergessen. Sprachaktivierende Programme können ergänzend zum Lesen und Schreiben genutzt werden, um körperlicher Ermüdung entgegenzuwirken.
Versuche ein möglichst störungsfreies Arbeitsklima zu schaffen, das dich dabei unterstützt deiner Arbeit bestmöglich nachzugehen. Auch hier können offene Gespräche helfen, um Vorurteilen und Unverständnis entgegenzuwirken. Auch kannst

Stress reduzieren

Studien haben gezeigt, dass sowohl Stress durch deine Umgebung als auch selbstauferlegter Druck Fatigue negativ beeinflusst. Dies gilt insbesondere, wenn sich ein Gefühl des Kontrollverlusts ausbreitet und diese Gedanken und Gefühle unausgesprochen bleiben. Offene Gespräche und ein proaktiver Umgang können helfen, mit Fatigue im Alltag umzugehen. Auch Entspannungsmethoden wie Meditation und Atemübungen und erhaltenstherapeutischen Herangehensweisen wie Aufmerksamkeits- oder Akzeptanzbasierten Übungen können im Umgang mit Fatigue helfen.

Lebensweise anpassen

Da Fatigue nicht nur auf den Arbeitsalltag beschränkt ist, ist es wichtig die besten Voraussetzungen für ein proaktives Fatiguemanagement in den allgemeinen Lebensstil zu integrieren. Die vier Hauptpfeiler sind dabei

  • ein gutes Schlafmanagement,
  • eine gesunde Ernährung
  • Bewegung und
  • soziale Unterstützung.

Im beruflichen Kontext ist das Thema Schlaf gesondert zu betrachten. Regelmäßiger Schlaf in möglichst konstantem Rhythmus und eine gute Schlafhygiene sind wichtige Faktoren im Fatiguemanagement. Schichtarbeit und Nachtschichten, die sich auf den Schlafrhythmus auswirken können Symptome erschweren. Auch hier kann ein offenes Gespräch mit dem Vorgesetzten hilfreich sein, um Lösungen zu definieren, mit denen alle Beteiligten einverstanden sind. Ggf. ist eine feste Einsatzplanung in Tagschichten temporär möglich oder es besteht die Möglichkeit einer anderen Tätigkeit innerhalb des Unternehmens nachzugehen, die vereinbar mit dem aktuellen Gesundheitszustand ist.
Das Gefühl der sozialen Unterstützung am Arbeitsplatz sowie im privaten Umfeld ist mit einem geringeren Maß an Fatigue assoziiert – ein weiterer Vorteil einer proaktiven Herangehensweise.

Arbeitszeit anpassen oder Umschulen

Auch trotz den oben genannten Strategien kann es natürlich sein, dass die Erschöpfung zu groß ist, um das Arbeitspensum zu bewältigen oder Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Kommt eine Arbeitsunfähigkeit aus persönlichen Gründen nicht in Betracht, kann ein Mittelweg sein, die Stundenzahl zu reduzieren. Auch ein Gleitzeitmodell kann helfen, um flexibler aus gesundheitliche Anforderungen reagieren zu können.
Eine weitere Alternative ist eine Umschulung, um in einem anderen Arbeitsumfeld neuen Tätigkeiten nachzugehen. Hilfen stellen die Bundesagentur für Arbeit, krankheitsbezogene Beratungsstellen (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband ME/CFS) und Rehakliniken bereit.

Sollte ich mit meinem Arbeitgeber sprechen?

Grundsätzlich ist die Gesundheit Privatsache – als Arbeitnehmer:in ist gesetzlich niemand verpflichtet, den Vorgesetzten über eine Erkrankung zu informieren, solange mit der Erkrankung keine Gefahren für den Betroffenen oder andere einhergehen. Führt Fatigue jedoch zu massive Einschränkungen im Arbeitsergebnis oder geht der Job mit Überforderung und somit Stress einher, kann eine offene Kommunikation Abhilfe schaffen. Nur wenn ein Arbeitgeber weiß, was Mitarbeitende belastet, können unterstützende Maßnahmen eingeleitet werden.

Studien konnten zeigen, dass frühzeitige Kommunikation mit einem höheren Level an Arbeitserhalt assoziiert war. Auf der anderen Seite zeigten Patient:innen mit höheren Arbeitsdruck und weniger Anpassungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz ein höheres Fatiguelevel. Probleme zu vermeiden, anstatt sie proaktiv anzugehen, hing mit verstärkter Fatigue bei Betroffenen zusammen, was dafür spricht, das Gespräch aktiv zu suchen. Ob ein Gespräch mit dem Vorgesetzten der richtige Weg ist oder nicht, bleibt jedoch eine persönliche Entscheidung.

Wichtig ist zudem, dass Arbeitgeber nach § 164 und 167 SGB IX  verpflichtet sind, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Arbeitsunfähigkeit seiner Mitarbeiter zu beenden, weiterer Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Zudem haben viele größere Unternehmen auch spezialisierte betriebliche Gesundheitsförderungen und ein wirksames betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), von dem du unter Umständen Gebrauch machen kannst.

Zusammenfassung

Fatigue und Arbeit zu vereinen, kann  schwierig und frustrierend sein. Kleine Anpassungen im Arbeitsalltag können helfen, Energieressourcen und Aufgaben zu managen und einer vorzeitigen Erwerbsunfähigkeit proaktiv entgegenzuwirken. Auch eine Stundenreduktion oder Umschulung kann hilfreich sein. Da soziale Unterstützung, geringerer Arbeitsdruck und mehr Anpassungen am Arbeitsplatz mit einem reduzierten Fatiguelevel zusammenhängen, kann ein proaktiver Umgang mit den Vorgesetzten und Kollegen empfohlen werden. Natürlich ist die Entscheidung offen mit der Erkrankung umzugehen sehr individuell und kann niemandem abgenommen werden.

Bei der Entscheidungsfindung kann es helfen, sich in die Perspektive der Kollegen und Vorgesetzten zu versetzen: Was denke ich, wenn ein Kollege sich ohne Grund zurück zieht, weniger arbeitet oder öfter als sonst nicht erreichbar ist? Wie reagiere ich, wenn ein Kollege offene seine Symptome Ängste und einhergehende Gedanken teilt? Die meisten Menschen reagieren wohlwollend und unterstützend. Auch Vorgesetzte haben ein Interesse daran, die Gesundheit aller Mitarbeitenden zu wahren und zu fördern - schließlich können gute Arbeitsergebnisse nur erzielt werden, wenn es den Mitarbeitenden auch gut geht. Oft macht es Sinn, einen Schritt zurückzutreten und die Gesundheit zu fördern anstatt beispielsweise Fatigue durch zusätzlichen Stress zu verstärken.

Informationen rundum die Themen Arbeitsunfähigkeit, Rehabilitation und berufliche Wiedereingliederung findest du in unserem Beitrag zu Arbeit und Fatigue - berufliche Wiedereingliederung.