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Schwangerschaft und Multiple Sklerose

Bei mehr als 60% der MS Patient:innen wird die Erkrankung in den Dreißigern diagnostiziert - in einer Lebensphase, in der die Kinderplanung häufig noch nicht abgeschlossen ist.
Da jeder MS-Verlauf individuell ist und oft auch Therapien angepasst werden müssen, sollte ein Kinderwunsch zusammen mit der:m Gynäkolog:in und zusätzlich Neurolog:in besprochen werden.

In diesem Artikel beantworten wir die häufigsten Fragen rumdum Kinderwunsch und Schwangerschaft bei Multiple Sklerose.

Kann man mit MS Kinder bekommen?

Ja. Multiple Sklerose hat weder bei Frauen noch bei Männern einen direkten Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Auch verlaufen Schwangerschaft und Geburt bei den meisten MS-Patientinnen komplikationsfrei. Eine Schwangerschaft mit Multipler Sklerose ist nicht per se eine Risikoschwangerschaft.
Komplikationen können - wie bei jeder Schwangerschaft - natürlich aber trotzdem auftreten. Insbesondere ist die Komplikationsrate und Schubrate abhängig von der Verlaufsform der MS und den immunmodulatorischen Medikamenten. Einige Medikamente sind während der Schwangerschaft kontraindiziert und sollten somit nicht eingenommen werden.
Nach der Geburt des Kindes ist das Schubrisiko häufig zeitweise erhöht, pendelt sich jedoch wieder auf das Normalniveau ein. Der Langzeitverlauf der MS wird in der Regel durch die Schwangerschaft nicht beeinflusst.

Ist MS vererbbar?

Nein. Grundsätzlich ist MS nach aktuellem Stand der Wissenschaft keine genetisch vererbbare Erkrankung. Nichtsdestotrotz gibt es genetische Faktoren, die mit einer MS Erkrankung assoziiert sind. Das Risiko für Kinder von MS-Erkrankten, selbst eine MS zu entwickeln ist 2% höher als für Kinder nicht-MS-Erkrankter Eltern. Sollten beide Eltern Multiple Sklerose haben, steigt das Risiko auf bis zu 20% an.

Ist das Schubrisiko während der Schwangerschaft erhöht?

Circa 25% der Schwangeren entwickeln während der Schwangerschaft einen Schub. Allerdings haben größere Studien gezeigt, dass die Schubrate während der Schwangerschaft insgesamt reduziert ist. Das liegt am ehesten an einer leichten Veränderung des Immunsystems während der Schwangerschaft. Insbesondere im dritten Trimenon ist die Schubrate am geringsten.

In den ersten drei Monaten nach Entbindung besteht jedoch ein leicht erhöhtes Schubrisiko, welches sich anschließend wieder normalisiert. Wenn vor der Schwangerschaft eine hohe Krankheitsaktivität bestand, ist das Risiko, einen Schub nach der Schwangerschaft zu entwickeln, besonders hoch.

Studien haben auch gezeigt, dass eine künstliche Befruchtung mit einem erhöhten Schubrisiko einher geht.

Wirkt sich Stillen auf die MS aus?

Stillen wird grundsätzlich allen Müttern empfohlen, denn Stillen bringt viele Vorteile mit sich. Insbesondere wird durch das Stillen die Mutter-Kind-Beziehung gefördert, das Kind wird mit wichtigen Antikörpern versorgt und das Immunsystem des Babys gestärkt.

Große Studien haben gezeigt, dass stillende Mütter im Vergleich zu nicht-stillenden Müttern ein etwa 35% geringeres Risiko für einen Schub haben. Allgemein gilt also die Empfehlung zum Stillen auch für Mütter, die an MS erkrankt sind. Wichtig ist dabei nur, wie bei der Schwangerschaft auch, die Therapie zu beachten und ggfs. anzupassen.

Bezüglich der immunmodulatorischen Therapien während der Schwangerschaft und des Stillens sollte der:die behandelnde Neurologe:in aufgesucht werden. Viele immunmodulatorische Therapien sind während der Schwangerschaft und des Stillens nicht geeignet. Das bedeutet, dass sie dem Kind potentiell schaden können und somit nicht in dieser Zeit eingenommen werden sollen.

Beta-Interferone sind während der Schwangerschaft und Stillzeit zugelassen. Sie gelangen nur in geringem Maße in die Muttermilch und bisher konnten keine negativen Auswirkungen von einer Beta-Interferon Therapie auf die Schwangerschaft oder das Kind nachgewiesen werden.

Eine niedrig dosierte Kortison-Schubtherapie kann ebenso während der Stillzeit durchgeführt werden. Jedoch sollte nach der Verabreichung des Präparats mindestens vier Stunden nicht gestillt werden. Hochdosiertes Kortison darf während der Stillzeit nicht verabreicht werden. Wenn diese Therapie eingesetzt werden muss, dann muss die Stillzeit unterbrochen werden.

Dürfen während der Schwangerschaft MS-Medikamente eingenommen werden?

Grundsätzlich können alle krankheitsmodifizierenden Medikamente negative Auswirkungen auf Fruchtbarkeit, oder den Ausgang der Schwangerschaft haben. Aus diesem Grund ist es wichtig, bestimmte Medikamente, die über eine lange Zeit eingenommen wurden, frühzeitig vor Beginn des Versuchs schwanger zu werden, abgesetzt werden oder die Therapie verändert werden. Kinderwunsch und Schwangerschaft sollten in jedem Fall mit den Behandelnden besprochen werden, um die Risiken für die Patientin und das Kind abzuwägen und mögliche Therapieanpassungen abzustimmen.

Punkte, die in diesem Zuge besprochen werden umfassen:

  • Wie war die bisherige Aktivität der Erkrankung?
  • Kann die bisherige Medikation auch in der Schwangerschaft eingenommen werden?
  • Wurde bereits im Vorfeld eine Eskalationstherapie nötig?
  • Wie ist der allgemeine Gesundheitszustand?

Mit einer Schwangerschaft sind bei Multiple Sklerose Patientinnen Risiken für die Patientin und das Ungeborene verbunden, die ebenfalls berücksichtigt werden sollten.

Zu diesen Risiken zählen:

  • Wirkeffekte der MS Medikation auf das Ungeborene
  • Auswirkungen einer möglichen Therapiepause auf die Patientin
  • Schubkontrolle (auch bei reduziertem Risiko)

Ist eine natürliche Geburt möglich?

Ja. Wenn keine größeren körperlichen Einschränkungen bestehen, ist eine natürliche Geburt möglich. Sollten jedoch beispielsweise eine Spastik, Muskelschwäche der Beine oder Fatigue vorliegen, kann dies für die Betroffene zu einer erheblich anstrengenderen Entbindung führen. Daher sollte in diesem Fall auch ein Kaiserschnitt in Bedacht gezogen werden.

Entscheidest du dich für eine natürlich Geburt, besteht kein erhöhtes Schubrisiko durch eine mögliche Spinal- bzw. Peridualanästhesie (PDA).
Die Anwendung einer Spinalanästhesie oder einer Vollnarkose ist bei einem Kaiserschnitt möglich.

Von einer Hausgeburt wird bei Vorerkrankungen wie einer MS jedoch abgeraten. Falls ein unvorhergesehener Notfall eintreten sollte, können Mutter und Kind im Krankenhaus besser versorgt werden, da Ärzte vor Ort sind, breiterer Zugang zu Medikamenten besteht und auch die Hygiene besser ist als in den eigenen vier Wänden.