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Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS)
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Was ist ME/CFS?

ME/CFS ist eine Abkürzung für Myalgische Encephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom. Lass uns erst einmal schauen, was dieses komplizierte Wort überhaupt bedeutet.

  • my- ist die griechische Vorsilbe wenn es um Muskulatur geht
  • -algisch von griech. algos = Schmerz
  • Encephalo- stammt vom griechischen Wort Encephalon = Gehirn ab
  • -myel- vom griechischen Wort Myelon = (Rücken)mark
  • -itis bezeichnet in der Medizin meist Entzündungen

Grundsätzlich bezeichnet der Name “myalgische Encephalomyelitis” also eine schmerzhafte Entzündung von Muskulatur und zentralem Nervensystem. Es handelt sich um eine chronische Erkrankung mit Fatigue, kognitiven Einschränkungen, Schlafstörungen und post-exertional Malaise. Was genau das ist, erfährst du im Laufe dieses Artikels. In Deutschland gibt es ca. 250.000 Betroffene. Am häufigsten tritt ME/CFS im Alter von 11-19 und 30-30 Jahren auf. Frauen sind dabei ungefähr doppelt so häufig betroffen wie Männer. Weltweit geht man von einer Prävalenz von ca. 1% aus. Das bedeutet, dass ca. 70-80 Millionen Menschen weltweit unter myalgische Encephalomyelitis/chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) leiden. Jedoch sind schätzungsweise 84 bis 91 Prozent der Patient:innen noch nicht diagnostiziert. Mindestens 25% der Patient:innen sind bettlägerig oder ans Haus gebunden und bis zu 75% können nicht mehr arbeiten oder die Schule besuchen.

Hypothesen zur Entstehung von ME/CFS

Es gibt verschieden Hypothesen zum Ursprung der Krankheit, sicher kann man diesen aber noch nicht bestimmen. In ca. 50% der Fälle tritt die Krankheit akut nach einer Infektionskrankheit auf. Es sind aber auch andere Auslöser bekannt wie z.B.:

  • Operationen
  • Schwangerschaft
  • Psychosozialer Stress
  • Traumata
  • Mögliche virale Auslöser, u.a. Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber), Zytomegalievirus, Humane Herpesviren

Da die Krankheit so häufig nach einer viralen Infektion auftritt, gehen viele Forscher:innen von einem Überleben der Viren innerhalb des Körpers aus, das eine chronische Entzündung auslöst. Das ist allerdings kein neues Phänomen. Ähnliches kennt man auch von anderen Krankheiten, wie z.B Herpesviren, die noch Jahre nach der Infektion zur Gürtelrose führen können.

Es gibt 3 Hypothesen zum Ursprung der Erkrankung:

  1. Chronische Infektion
    Die Hypothese ist, dass eine virale Infektion zum Überleben der Viren im Körper führt. Diese wiederum aktivieren die Immunantwort. Die Folge ist eine chronische Entzündung.
  2. Mitochondrienstörung
    Die Mitochondrien kommen in allen unseren Zellen vor und sind sozusagen die Energielieferanten der Zellen. Die virale Infektion führt zur Veränderung des Stoffwechsels der Mitrochondrien. Die Mitochondrien funktionieren nicht mehr regelgerecht und können Zucker nicht mehr in Energie umwandeln. Wenn die Muskulatur nun arbeiten muss, ohne dass sie ausreichend Energie zur Verfügung hat, führt das schnell zu schwerer Erschöpfung.
  3. Autoimmunerkrankung:
    Eine bereits bestehende Immunschwäche führt dazu, dass der Körper das Virus bei einer Infektion nicht komplett zerstören kann. Die Folge ist eine bestehende Autoimmunreaktion.

Welche Symptome treten bei  ME/CFS auf?

Die Symptome bei ME/CFS sind vielseitig. Im Vordergrund stehen aber die chronische Erschöpfung mit Post-exertional Malaise (oder auch: Crashs), Schlafstörungen, kognitiven Schwierigkeiten und Schmerzen.

Die drei Leitsymptome bei ME/CFS sind: chronische Erschöpfung (länger als 6 Monate anhaltend), Schlafprobleme und die sogenannte Post-exertional Malaise, kurz PEM. Aber was ist das genau?

Bei der PEM kann körperliche und geistige Aktivität nach einigen Stunden bis Tagen zur völligen Erschöpfung und Verschlechterung der weiteren Symptome führen. Häufig wird dieses Phänomen auch als Crash bezeichnet, da es dadurch zu einer stark eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Alltag kommt.

Darüber hinaus können folgende Beschwerden in unterschiedlichem Ausmaß auftreten:

Neurokognitive Symptome (”Brain Fog”)

  • Gedächtnisstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Wortfindungsstörungen
  • Desorientierung

Schmerzen

  • Muskel- und Gelenkschmerzen ohne lokale Entzündungszeichen
  • Kopfschmerzen

Orthostase-Intoleranz (Kreislaufprobleme beim Aufstehen)

Neurologische Symptome: Hypersensibilität auf Reize wie Licht oder Geräusche

Immunologische Symptome, z.B neue Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Gewichtszu- oder -abnahme

Psychiatrische Symptome, wie Angst, emotionale Instabilität und depressive Symptomatik

Diese Liste deckt aufgrund der diversen Symptomatik nur die häufigsten Beschwerden ab und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Übrigens: Auch im Rahmen von Long-Covid beobachtet man häufig eine ähnliche Symptomatik wie bei ME/CFS. Deswegen vermuten Forscher:innen einen ähnlichen Ursprung von Long-Covid und ME/CFS.

Ausschlussdiagnose

Da man bisher noch keinen Biomarker kennt, ist ME/CFS eine klinische Ausschlussdiagnose: Sollte bei oben genannten Symptomen keine organische oder psychiatrische Ursache feststellbar sein, kommt die Diagnose myalgische Encephalomyelitis/chronisches Fatigue-Syndrom in Frage. Das kann einen langen Leidensweg der Patient:innen bedeuten, da sie zunächst die verschiedensten Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen. Außerdem stoßen viele Patient:innen auf Unverständnis bei den behandelnden Ärzt:innen. Da man noch keine geeigneten diagnostischen Tests hat, finden die behandelnden Mediziner:innen zurzeit noch keine körperliche Ursache. Das kann dazu führen, dass die Beschwerden der Betroffenen nicht ernst genommen werden.

Krankheiten, die eine ähnliche Symptomatik haben und deshalb vor der Diagnose ME/CFS abgeklärt werden sollten sind z.B. :

  • Anämie, Malignom oder Infektion
  • Depression
  • Elektrolytmangel
  • Diabetes oder Mangelernährung
  • Hyper- oder Hypothyreose
  • Eisenmangel
  • Leberfunktionsstörung
  • Nierenfunktionsstörung

Es gibt klinische Diagnosekriterien, nach denen die Diagnose myalgische Encephalomyelitis/chronisches Fatigue-Syndrom erfolgt. Die aktuellsten Kriterien dazu wurden 2015 von Institute of Medicine of the National Academies festgelegt. Die diagnostische Kriterien, die für eine Diagnose ME/CFS erfüllt sein müssen, sind:

  1. Eine signifikante Einschränkung oder Unfähigkeit an Berufs- und Sozialleben, persönlichen Aktivitäten oder Bildungswesen teilzunehmen. Diese Beschwerden bestehen mindestens 6 Monate und gehen mit (häufig schwerwiegender) Fatigue einher. Diese Beschwerden sind in neu aufgetreten bzw. nicht angeboren, keine Folge von übermäßiger Aktivität und lassen sich nicht wesentlich durch Erholung lindern.
  2. Post-exertional malaise (ausgeprägte und anhaltende Verstärkung aller Symptome nach geringer körperlicher oder geistiger Anstrengung) und
  3. nicht-erholsamer Schlaf

Notwendig für die Diagnose ist ebenfalls eines der folgenden Symptome:

  1. Kognitive Probleme
  2. orthostatische Intoleranz (Kreislaufprobleme beim Aufstehen)

Therapie der ME/CFS

Um es kurz zu machen: Es gibt keine gesicherte Therapie bei ME/CFS. Es gibt keine Medikamente, die helfen, Fatigue zu reduzieren. Grundsätzlich betreibt man eine symptom-orientierte Therapie, also bei Schmerzen beispielsweise Schmerzmittel verabreichen usw..

Das wichtigste Therapieziel ist das Vermeiden der Post-exertionalen Malaise (PEM), also der Crashs. Hierbei hat sich das Konzept des Pacing als hilfreich erwiesen. Hierbei lernen Patient:innen, sich ihre Energie nach ihrer individuellen Belastungsgrenze einzuteilen.

Zusammenfassung

ME/CFS ist eine Erkrankung des Nervensystems, dessen Ursache größtenteils unklar ist. Möglicherweise tritt sie als Folge eines Verbleibens von Viren im Körper auf.
Leitsymptome sind die Fatigue mit plötzlichem Abfall der Energie, auch Crash genannt, sowie Schlafprobleme. Die restliche Symptomatik ist vielseitig. Deshalb müssen andere Krankheiten ausgeschlossen werden, bevor die Diagnose ME/CFS gestellt werden kann.
Bislang ist ME/CFS zwar nicht heilbar, Symptome sind jedoch therapierbar. Im Fokus steht die Vermeidung eines Crashs. Dafür ist Pacing eine sinnvolle Option.