Heute geht es um ein umfangreiches, aber sehr spannendes Thema: Ernährung. Ernährung spielt eine wichtige Rolle in unseren Leben und bildet mitunter die Basis für einen gesunden Lebensstil. Freue dich auf unsere praktischen Ernährungstipps!
Viele Patient:innen haben im Zuge der Tumorerkrankung Ängste und Sorgen bezüglich diverser Einschränkungen der Nahrungsaufnahme und Ernährung. Solche Einschränkungen treten nicht regelhaft bei allen Krebspatient:innen auf - bei einigen Tumorarten ist das Risiko höher, als bei anderen. Die folgenden Inhalte können dir einen Überblick über wichtige Fakten geben und als erste Orientierung dienen. Dennoch ersetzt dies in keinem Fall eine individuelle, ärztliche oder auch ernährungstherapeutische Beratung.
Wir wollen heute auf allgemeine Ernährungsempfehlungen im Rahmen von Tumorerkrankungen eingehen.
Grundlegende Informationen & Mythen
Die Ernährungssituation wird beeinflusst durch das Alter, den Allgemeinzustand, vorhandene Vorerkrankungen und die Tumorart.
Die deutsche Initiative für Ernährung und mehr Bewegung empfiehlt eine Kalorienaufnahme von 30-40 kcal pro Kilogramm Körpergewicht (das sind bei 65kg 1950-2600 kcal).
Mythen rund um die Krebs-Diät
Hier sei zu Beginn erwähnt, dass die optimale Krebs-Diät nicht existiert. Jegliche Lebensmittel oder auch Nahrungsergänzungsmittel, die solche Versprechungen geben, tun dies ohne entsprechende ausreichende Evidenz. Viele Mythen bringen auch ernsthafte Gefahren mit sich.
Dazu zählt der Trugschluss, dass Antioxidantien nur die gesunden Zellen vor Schäden durch die Chemotherapie schützen. Dabei schützen die Antioxidantien nicht nur die gesunden Zellen vor der zerstörerischen, oxidativen Wirkung. Auch die Tumorzellen werden geschützt und somit kann die Chemotherapie in ihrer eigentlichen Wirkung beeinträchtigt werden.
Häufig ist auch die Rede von positiven Einflüssen durch das Vitamin B17 (Amygdalin). Diese sind zwar in Zell- und Tierexperimenten nachzuweisen, aber nicht übertragbar auf den Menschen. Hier kann das Vitamin sogar schädlich sein! Neben dem Vitamin B17 wird auch das Vitamin B12 viel diskutiert. Häufig wird es verabreicht ohne eine vorherige Kontrolle des Vitaminspiegels im Blut. Eine Substitution ist absolut sinnvoll, doch nur wenn zuvor ein entsprechender Mangel festgestellt wurde. Dies gilt auch für alle weiteren Vitamine und Spurenelemente.
Ein weiteres allgemein bekanntes Vitamin ist das Vitamin D. Hier liegen tatsächlich Hinweise vor, dass ein hoher Vitamin D-Spiegel die Krankheitssituation positiv beeinflussen kann. Doch auch hier ist eine vorherige Spiegelkontrolle sinnvoll, da zu viel Vitamin D wiederum ernste Folgen haben kann, wie z.B. Nierenschädigungen oder Herzrhythmusstörungen.
Curcumin, der sekundär gewonnene Pflanzenstoff aus Kurkuma, und auch das Selen stehen ebenfalls im Diskurs, auf Krebserkrankungen durch antioxidative und antientzündliche Wirkweisen einzuwirken. Dies ist jedoch ebenfalls aktuell nicht fundiert belegt.
Sei also immer wachsam und vorsichtig bei Aussagen wie “Ernährung gegen Krebs” oder “Anti-Krebs-Ernährung”.
Die Frage nach dem Zucker
Es häufen sich außerdem Fragen dazu, ob Krebszellen sich von Zucker ernähren. Auf biochemischer Ebene gibt es in der Tat Hinweise, dass Krebszellen eine erhöhte Zuckeraufnahme und einen erhöhten Zuckerverbrauch aufweisen. Die Zuckertransporter in Krebszellen scheinen sogar so aufgestellt zu sein, so dass sie größere Mengen an Zucker aufnehmen als normale Zellen.
Also, rigide auf jegliche Form von Zucker verzichten? Ganz so einfach ist es leider nicht - denn Krebszellen lassen sich unter Umständen nicht so leicht austricksen und können bei Zuckermangel auch von anderen Nährstoffen zehren. Außerdem sei hier gesagt, dass es gerade für Krebspatient:innen wichtig ist, bei Kräften zu bleiben und daher vielleicht nicht rigide auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten. Dass Zucker in großen Mengen allerdings nicht gesund ist, dürfte allgemein bekannt sein. Grundsätzlich gilt hier also vielleicht eher, sich an eine ausgewogene Ernährung zu halten. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM) weist in ihrer Leitlinie darauf hin, dass Krebspatient:innen durch eine angemessene Ernährungstherapie eher bei Kräften bleiben und Therapien besser vertragen. Dadurch wird auf indirektem Wege ein günstigerer Krankheitsverlauf gefördert und die Lebensqualität gesteigert.
Wo wir schon beim nächsten Thema angekommen wären:
Da wir uns nun angeschaut haben, was nicht hilfreich ist, wollen wir nun darauf eingehen, was für deinen Krankheitsverlauf nützlich sein kann.
Unterstützende Ernährung
Es gibt zwar aktuell keine Ernährungsform, die eine Krebserkrankung gezielt therapiert, aber du kannst deine Krebstherapie durch einen guten Ernährungszustand unterstützen.
Allgemein empfohlen wird eine leichte Vollkost (auch allgemeine Schonkost oder Basisdiät genannt). Diese enthält keine Nahrungsmittel und Speisen, welche häufig zu Unverträglichkeiten führen, ist leicht verdaulich und dadurch wenig belastend. Hier ist jedoch erstmal Eigeninitiative gefragt. Denn nicht alle Menschen neigen bei den gleichen Lebensmitteln zu Unverträglichkeiten. Daher musst du hier selbst aktiv werden. Durch wachsames Ausprobieren kannst du selbst herausfinden, auf welche Nahrungsmittel du verzichten solltest.
Eine Ernährungsform, welche laut der deutschen Krebshilfe in Erwägung gezogen werden kann, jedoch derzeit wegen mangelnder Ergebnisse nicht offiziell empfohlen wird, ist die metabolisch adaptierte Ernährung. Studien haben gezeigt, dass im Rahmen einer Krebserkrankung eine Kost mit einem erhöhten Anteil an Fetten und Eiweißen und einem geringeren Anteil an Kohlenhydraten förderlich sein kann. Dies basiert auf der Tatsache, dass Energie aus Fetten besser verwertet werden kann, als aus Kohlenhydraten. Empfohlen werden hier Fette, welche in der allgemeinen “gesunden” Küche häufig gemieden werden: z.B. Fleisch, Kakaofett, Kokosfett und Fischöl. Gesunde Menschen sollten 30% ihrer Energie über Fette aufnehmen, dies ist laut den Expert:innen bei Krebspatient:innen zu wenig. Bezüglich der Eiweiße liegt die Empfehlung vor, 1,2-2g pro Kilogramm Körpergewicht am Tag zu sich zu nehmen. Nahrungsmittel mit besonders hohem Eiweißgehalt sind z.B. Fleisch, Fisch, Eier, Käse, Hülsenfrüchte, Nüsse oder Getreide.
Ernährungsformen wie eine ausschließlich basische oder ketogene Ernährung, welche vermehrt im Kontext der Ernährung bei Krebserkrankten erwähnt werden, finden sich nicht in den hier berücksichtigten fachlichen Empfehlungen wieder.
Das waren viele sehr spezifische Informationen. Kommen wir nun zu einigen allgemeingültige praktische Tipps.
10 Tipps der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für eine gesunde und ausgewogene Ernährung
- Vielseitig essen: Eine abwechslungsreiche Ernährung sorgt für eine ausreichende Versorgung mit allen verschiedenen Nährstoffen.
- Gemüse und Obst 5x am Tag: Drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst am Tag werden empfohlen.
- Das volle Korn: Vollkornprodukte sättigen länger und enthalten mehr Nährstoffe, wie z.B. Ballaststoffe als Weißmehlprodukte. Pro Tag sollten etwa 30g Ballaststoffe aufgenommen werden.
- Tierische Produkte: Da Fisch wichtige Nährstoffe wie Jod und Omega-3-Fettsäuren liefert, ist es ratsam, diesen 1-2x pro Woche zu integrieren. Auch Milch und Milchprodukte können als Kalziumlieferant täglich verzehrt werden. Fleisch und Eier sollten jedoch nur dosiert gegessen werden. Zwar bringt Fleisch auch Eisen und Vitamine mit sich, jedoch stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung rotes und verarbeitetes Fleisch als wahrscheinlich krebserregend ein. Hier ist also die Art und Menge des Fleisches zu beachten.
- Gesundheitsfördernde Fette: Hier sollte der Fokus auf pflanzlichen und nicht auf tierischen Fetten liegen (z.B. Olivenöl). Diese liefern wichtige Fettsäuren, sind jedoch auch sehr energiereich und können zu Übergewicht führen. Auch hier ist also eine bewusste Dosierung notwendig.
- Zucker und Salz einsparen: Achtung bei verstecktem Zucker, z.B. in süßen Getränken! Beachte außerdem, dass deine tägliche Einnahme von Salz eine Menge von 6g/1 TL pro Tag nicht überschreitet.
- Trinken: Etwa 1,5 Liter Flüssigkeit solltest du pro Tag zu dir nehmen. Bevorzugt ungesüßte Getränke, wie Wasser oder Tees. Alkohol sollte nur gelegentlich und in Maßen getrunken werden.
- Eine schonende Zubereitung: Um die Nährstoffe zu erhalten empfiehlt sich hier ein Garen bei niedriger Termperatur mit wenig Wasser und Fett.
- Zeit und Genuss: Ein bewusstes Essen mit ausreichend Zeit begünstigt das Sättigungsgefühl.
- Gewicht und Bewegung: Eine Kombination aus ausreichender körperlicher Aktivität und einer ausgewogenen Ernährung können ein gesundes Körpergewicht ermöglichen.
Das sind viele Dinge auf die man achten kann. Das sollte jedoch in keinem Fall Stress auslösen - was uns direkt zum nächsten Thema führt.
Nicht zu vergessen ist die mentale Gesundheit.
Denn Sprichwörter wie “das schlägt mir auf den Magen” oder “das verdirbt mit den Appetit” zeigen, dass auch die Psyche an dem Ernährungszustand maßgeblich beteiligt ist.
Bei Tumorerkrankungen kann es auch vorkommen, dass Patient:innen essen möchten, es aber nicht können. Das kann sehr belastend sein. Daher ist es wichtig, dass du dich nicht unter Druck setzt! Hier können dir kleine Portionen helfen. Vielleicht kann dich auch ein Ernährungstagebuch unterstützen - mit diesem kannst du herausfinden, welche Nahrungsmittel du nicht verträgst oder wie sie deine Erkrankung beeinflussen. Dieser Prozess ist oft schwer und kräftezehrend. Sei also geduldig mit dir selbst! Vielleicht hilft dir dabei auch unserer Blogpost zum Thema Achtsamkeit und Akzeptanz.
Übrigens: Du kannst auch auf unserer Instagramseite oder unserer Homepage vorbeischauen, wo wir regelmäßig gesunde Rezepte veröffentlichen.
Sonderfall: Tumorkachexie
Jede:r zweite Krebspatient:in leidet unter Tumorkachexie. Sie ist definiert als Mangelernährung, welche mit einem ungewollten Abbau von Fett- und Muskelmasse einhergeht. Vielleicht fragst du dich jetzt, ob man in solchen Fällen ernährungstechnisch etwas bestimmtes machen oder beachten kann, damit sich die Tumorkachexie nicht verschlimmert?
Nun, die einfache Antwort lautet auch hier: eine pauschale Ernährungsempfehlung gibt es nicht. Besonders effektiv ist aber eine frühzeitige und multimodale Therapie, also eine Kombination verschiedener Ansätze. Sinnvoll ist hier eine individuelle Therapie, welche eine Ernährungsberatung, körperliches Training und psychologische Unterstützung mit einbezieht. Mit geschulten Fachkräften kann ein Speiseplan erstellt werden, der auf deine individuellen Bedürfnisse eingeht.
Auch hier gibt es also Möglichkeiten!
Zusammenfassung
- Es gibt viele Mythen, bei denen Vorsicht geboten ist.
- Eine offizielle Krebsdiät gibt es nicht.
- Die Ernährung ist individuell anzupassen - wir unterscheiden uns im Stoffwechsel, bei Unverträglichkeiten und vor allem auch in unseren Vorlieben. Dasselbe gilt auch in Fällen der Tumorkachexie.
- Es gibt Hinweise, dass eine erhöhte Zufuhr an Fetten und Eiweißen bei Krebserkrankungen förderlich ist.
- Die DGE liefert uns praktische Tipps, die du in deine Ernährung einbauen kannst.
Quellen
- https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/bewusst-leben/basis-informationen-krebs-bewusst-leben-ernaehrung/mangelernaehrung-.html
- https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/bewusst-leben/nahrungsergaenzung-in-der-krebstherapie.html
- https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Ernaehrung-bei-Krebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf
- https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/krebs-vorbeugen/gesunde-ernaehrung/#c23305
- https://www.station-ernaehrung.de/fachinformationen/spezielle-kostformen/krebs/ernaehrungstherapie/
- https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2020/news059-zucker-krebs-diaeten.php
- Calvo, M. B., Figueroa, A., Pulido, E. G., Campelo, R. G., & Aparicio, L. A. (2010). Potential role of sugar transporters in cancer and their relationship with anticancer therapy. International journal of endocrinology, 2010.
- https://www.mpg.de/16175348/mpi-dortmund_jb_2020