Der Fimo Health
Gesundheitsblog

Themenfelder:  
Multiple Sklerose
Pfeil
Zurück

Blasenfunktionsstörung bei Multipler Sklerose

Multiple Sklerose wird auch als Erkrankung der Tausend Gesichter bezeichnet, da die einhergehenden Symptomatiken von Patient:in zu Patient:in sehr unterschiedlich ausfällt. Zu den häufiger auftretenden Symptomen zählen Blasenfunktionsstörungen. So sind 50-80% der MS-Patienten betroffen. Bei 10-15% der Patienten sind Blasenfunktionsstörungen ein wesentlicher Teil der Erstsymptomatik.

Die Blase und ihre Funktion

Die Blase ist ein muskuläres Organ und liegt im kleinen Becken zwischen dem Harnleiter und der Harnröhre. Sie ist über die Harnleiter mit den Nieren verbunden. Die Nieren sorgen unter anderem dafür, dass der Körper von giftigen Substanzen gereinigt wird. Die Harnröhre verbindet die Blase mit der äußeren Öffnung des Harntraktes.
Die Blase kann zwischen 500ml und 1000ml Urin speichern. Die Abgabe des Urins erfolgt in der Regel kontrolliert durch ein Zusammenspiel der Muskulatur aus Anspannung und Entspannung. Genau dieses Zusammenspiel der Muskulatur ist bei MS-Patienten:innen häufig gestört.

Die Blasenfunktion wird durch verhältnismäßig langen Nerven gesteuert. Dementsprechend bieten diese Nerven besonders viel Fläche für MS-bedingte Entzündungsherde. Die Interaktion zwischen der Blase und dem Zentralen Nervensystem wird gestört, da eine Demyelinisierung der Nerven stattfindet. Das bedeutet, dass die Reizweiterleitung der Nerven beeinträchtigt wird. Dadurch, dass die Schädigungen der Nervenzellen bei jedem Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können, gibt es auch unterschiedliche Arten von Blasenfunktionsstörungen.

Arten der Blasenfunktionsstörung

Grundsätzlich teilt man die Blasenfunktionsstörungen in drei unterschiedliche Arten auf:

Die überaktive Blase

Die Blase bekommt fälschlicherweise vom Gehirn den Befehl sich zu entleeren, obwohl sie noch nicht ausreichend gefüllt ist. Dadurch müssen Betroffene häufiger Wasserlassen. Durch diesen Fehlbefehl, kann es zum einen dazu führen, dass die Blase nur eine geringe Menge an Urin abgibt. Zum anderen kann auch ein unfreiwilliger Harnverlust, auch als Inkontinenz bekannt, möglich sein. Diese überaktive Blase ist die häufigste Blasenfunktionsstörung bei MS-Patienten:innen.

Die unvollständige Blasenentleerung

Bei einer unvollständigen Blasenentleerung bauen die Blasenwandmuskulatur oder der Schließmuskel der Harnröhre nicht genügend Spannung auf. Dies kann dazu führen, dass die Blasenentleerung verzögert wird und somit Restharn in der Blase verbleibt. Bei dieser Blasenfunktionsstörung ist der Harnstrahl in der Regel schwächer als normalerweise und der Vorgang des Wasserlassens wird vorzeitig beendet. Zusätzlich zu dieser vorzeitigen Beendigung des Wasserlassens kann auch Inkontinenz auftreten.
Die unvollständige Blasenentleerung geht mit einem erhöhten Risiko für Blasen- und Harnwegsentzündungen einher, da der Restharn in der Blase einen Nährboden für Bakterien bietet. Dies äußert sich beispielsweise durch Schmerzen beim Wasserlassen als Brennen oder Flankenschmerz. Harnwegsinfekte können chronifizieren, weshalb früh mit einer Therapie für Blasenfunktionsschwäche begonnen werden sollte.

Die kombinierte Blasenfunktionsstörung

Die dritte und letzte Blasenfunktionsstörung ist die kombinierte Störung. Hierbei ist das Zusammenspiel der Muskulatur, die für eine Austreibung des Harns sorgt und der Blasenschließmuskulatur gestört. Dies kann zu einer Kombination einer Entleerungsstörung, aber auch zu einem vermehrten oder verfrühten Harndrang führen.

Zur Vermeidung von langfristigen Folgeschäden ist es wichtig, dass die Symptome frühzeitig erkannt und behandelt werden. Daher ist es sehr wichtig bei ersten Symptomen mit einem:r Ärzt:in zu sprechen.

Therapieansätze bei Blasenfunktionsstörungen

Die Therapie der Blasenfunktionsstörung kann zwischen der medikamentösen und einer nicht-medikamentösen Therapie unterschieden werden.

Medikamentöse Ansätze bei Blasenproblemen

Bei der medikamentösen Behandlung der Symptome kommen unterschiedliche Wirkstoffklassen zum Einsatz.

Bei Betroffenen mit einer überaktiven Blase können zur Reduzierung der Symptome Anticholinergika eingesetzt werden. Das Zusammenziehen der Blasenmuskulatur wird durch die Unterdrückung des Wirkstoffes Acetylcholin bewirkt. Bei diesem Wirkstoff können Nebenwirkungen wie zum Beispiel Mundtrockenheit oder Verstopfungen auftreten.

Für die Behandlung der unvollständigen Blasenentleerung mit Restharnbildung werden s. g. Alpha-Kanal-Blocker verwendet. Dieser Wirkstoff unterstützt die Blasenmuskulatur bei der Entspannung. Auch hier können Nebenwirkungen auftreten wie zum Beispiel Schwindel oder das Absacken des Blutdrucks.

Weiterhin kann der Harndrang durch Desmopressin unterdrückt werden. Dies hilft Betroffene dabei nachts durchzuschlafen. So wird der Schlaf durch den Wirkstoff nicht mehr unterbrochen, da vermehrte Toilettengänge wegfallen. Aber auch bei diesem Medikament gibt es Nebenwirkungen wie zum Beispiel Schwäche, Hitzewallungen oder Kopfschmerzen.

Akute Blasenentzündungen bzw. Harnwegsinfekte werden durch den Einsatz von Antibiotika behandelt. Kommt es jedoch wiederholt zu Blaseninfekte kann dies zu einer Verschlechterung der MS beitragen. Daher ist es sehr wichtig, dass immer ausreichend getrunken wird (mindestens 2 Liter am Tag). Wer ausreichend trinkt, beugt der Ansäuerung des Urins in der Blase vor, da dadurch das Bakterienwachstum gehemmt wird. Ein kleines Glas Cranberrysaft soll dem besonders entgegenwirken können.

Alternative Ansätze bei Blasenproblemen

Wie wir oben schon erwähnt haben ist es essenziell genügend zu trinken. Ein Tagebuch, z.B. in der Fimo Health App, kann helfen, den Wasserhaushalt im Blick zu behalten. Ergänzende Erinnerungefunktionen, können genutzt werden, um regelmäßig etwas zu trinken. Wer häufig oder länger unterwegs ist, sollte zusätzlich regelmäßige und auch vorbeugende Toilettengänge einplanen.

Tipp: Der EURO Schlüssel zum Zugang zu Behindertentoiletten:

Unterwegs auf die Toilette müssen? Dies kann ein schwieriges Unterfangen sein, wenn man auf Reisen ist oder ähnliches. Mit dem Euro-WC-Schlüssel haben Besitzer eines solchen Schlüssels Zugang zu über 12.000 Behinderten-Toiletten zum Beispiel an Autobahnraststätten, Bahnhöfe, Museen und Behörden - und das in ganz Europa.
Jedoch ist nicht jeder berechtigt diesen Schlüssel zu erhalten. Menschen mit Schwerbehinderungen sind dazu berechtigt, aber auch chronische Erkrankungen, wie beispielsweise Colitis ulcerosa oder auch Multiple Sklerose Patienten:innen. Dieser Schlüssel kostet ca. 30 Euro und für die Beantragung dieses Schlüssels benötigen Betroffene einen ärztlichen Nachweis ihrer Erkrankung. Bestellen kann man den Schlüssel mit vorhandenem Attest.

Zudem kann ein gutes Beckenbodentraining die Muskulatur so stärken, dass die Symptome gelindert werden können. Bei sehr schweren Ausprägungen, wie zum Beispiel große Restmengen an Harn, können BEhandelnde zudem Selbstkatheterisierung oder Dauerkatheter in Betracht gezogen werden.